Milchknappheit hat komplexe Ursachen
Landvolk-Fachausschuss beleuchtet das Marktgeschehen und aktuelle Fragen der Kuhhaltung
L P D – Die Milch ist knapp: Was für die Kuhhalter in Niedersachsen in Bezug auf ihre Erlöse zunächst eine gute Nachricht ist, hat bei näherem Hinsehen komplexe Ursachen, die sich mittelfristig ungünstig auf diesen Wirtschaftszweig auswirken könnten. „Der typisch saisonale Rückgang und die Auswirkungen der Blauzungenkrankheit haben zu einer sinkenden Milchmenge geführt, aber auch der anhaltende Strukturwandel hin zu weniger Betrieben könnte eine Ursache für den Rückgang sein“, erklärte Landvolk-Vizepräsident Frank Kohlenberg in der jüngsten Sitzung des Fachausschusses Milch in Hannover. Dies betrachte er mit großer Sorge, zumal allein schon weitere Auswirkungen des Infektionsgeschehens bei der „Blauzunge“ noch nicht absehbar seien. „Klar ist nur, die Krankheit wird auch im nächsten Jahr wieder grassieren, und deshalb müssen wir unseren Landwirten auch raten, ihre Tiere zu impfen“, machte der Ausschussvorsitzende deutlich.
Dr. Jan-Hendrik Paduch, Geschäftsführer der Landvereinigung der Milchwirtschaft in Niedersachsen (LVN) bezifferte in der Sitzung den auch saisonal bedingten Rückgang der Milchanlieferung im Bundesland mit 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2023 waren es im Vergleichszeitraum noch 57.132 Tonnen mehr. Auch der Fettgehalt der Anlieferungsmilch lag bis September im Mittel unter Vorjahresniveau. „Das Abschwächen der Anlieferung in Deutschland und der EU war teils auch durch sommerliche Hitze bedingt“, berichtete der Experte im Fachausschuss. Positive Signale gebe es bei Molkereiprodukten; Schnittkäse werde im Inland weiterhin gut nachgefragt. Paduch weiter: „Es gibt umfangreiche Bestellungen für abgepackte Butter; bei Milchpulver jedoch weniger Impulse aus dem Exportgeschäft.“ Die EU-Kommission gehe bis Jahresende noch von einem leichten Anstieg des Milchaufkommens um 0,5 Prozent aus.
Über Vorgaben aus der EU berichtete unter anderem auch Landvolk-Geschäftsführer Hartmut Schlepps. In seinem Vortrag über relevante Umweltthemen erklärte der Fachmann, dass es keine Aufnahme der Milchviehhaltung in die Vorgaben der IED-Richtlinie zum Emissionsschutz geben werde, aber Vorbereitungen der EU-Kommission zu einem Treibhausgas-Emissionshandelssystem für die Landwirtschaft (AgriETS). Das Landvolk sieht die EU-Vorschläge sehr kritisch und lehnt eine staatliche Regelung ab. Zu begrüßen sei hingegen die Initiative seitens des Bundes, zusammen mit der gesamten Agrarbranche zu einer einheitlichen Vorgehensweise bei der Klimabilanzierung zu kommen. Im Ausschuss wurde das Thema kontrovers diskutiert. „Die Datenerfassung der harmonisierten Methodik muss gut geplant sein, sodass dies für den Landwirt, wie im derzeit etablierten Klimacheck, ein leistbarer Umfang bleibt“, stellte Kohlenberg fest. Gelobt wurde die Berechnung der Klimabilanz für Betriebe nach dem Standard für einzelbetriebliche Klimabilanzen in der Landwirtschaft, die bei der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen angesiedelt ist. Dabei werden nicht nur die bei Rindviehhaltung auftretenden Methan- und Lachgasemissionen aus der laufenden Produktion berücksichtigt, sondern auch Emissionen, die zum Beispiel für die Herstellung von Futtermitteln oder für die Stromerzeugung relevant sind. (LPD 85/2024)
Sonja Markgraf
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