Ohne Stickstoff, kein Brotweizen: Ernte 2024 enttäuscht

Ohne Stickstoff, kein Brotweizen: Ernte 2024 enttäuscht

In Niedersachsens Roten Gebieten wird oftmals keine Backqualität mehr erreicht

L P DDie Ernte des Weizens läuft aktuell in Niedersachsen auf Hochtouren. „Wie überall in Deutschland rechnen auch wir in Niedersachsen mit einer unterdurchschnittlichen Erntemenge bei unserem wichtigsten Getreide. Doch nicht nur die Erntemenge wird aufgrund 30 Prozent weniger Weizenanbaufläche in Niedersachsen um einige Tonnen geringer sein, sondern vor allem die Qualität wird aufgrund mangelnder Stickstoff-Düngung in einigen Regionen – besonders in den sogenannten roten Gebieten – keine Backqualität erreichen. Das zermürbt unsere Ackerbauern. Sie wollen Rohstoffe für qualitativ hochwertige Lebensmittel produzieren und nicht nur für den Futtertrog ernten“, fasst Thorsten Riggert, Vorsitzender des Ausschusses Pflanzliche Erzeugung im Landvolk Niedersachsen die gedämpfte Stimmung zusammen.

Weizen ist das wichtigste Getreide, um Backwaren wie Brot oder Brötchen zu erzeugen. Damit der Weizen diese Backqualität erreicht, muss er einen Eiweiß- bzw. Proteingehalt von mindestens zwölf Prozent enthalten. Ist der Proteingehalt im geernteten Korn jedoch zu gering, landet das Getreide im Futtertrog der Schweine oder gar in der Biogasanlage.

Landwirte können den Proteingehalt mit der Düngung von Stickstoff beeinflussen. „Hier kommt es vor allem auf die Menge und den Zeitpunkt der Stickstoffdüngung an“, erklärt Riggert. Erhält die Weizenkultur nicht ausreichend Stickstoff, können die Pflanzen nicht ausreichend Protein im Korn anreichern und die Backqualität geht verloren. „In den roten Gebieten muss die Düngemenge 20 Prozent unter dem Pflanzenbedarf liegen. Die Unterversorgung der Pflanzen ist somit politisch gewollt. Diese Zwangsdiät der Pflanzen können wir uns als erzeugende Landwirte, als konsumierende Verbraucher und auch als verantwortungsvolle Nation nicht mehr leisten“, verweist der Pflanzenexperte auf den durchschnittlichen Proteingehalt der beiden vergangenen Erntejahre in Deutschland, der unter dem Grenzwert von zwölf Prozent lag, und auf den zukünftig erschwerten Anbau im Zuge des Klimawandels.

„Die Politik muss sich nicht wundern, dass Landwirte aufgrund der schlechten Aussaat- und Wetterbedingungen in diesem Jahr sowie der Mangeldüngung der Pflanzen und geringer Erlöse ihre Anbauplanung überdenken und auf Böden, die gute Qualitäten bei ausreichender Düngung hervorbringen, verstärkt auf ertragssichere Kulturen wie Mais ausweichen. Eine weitere Folge ist, dass mehr Weizen mit hoher Qualität aus anderen Ländern importiert werden muss“, zählt Riggert die unliebsamen Nebeneffekte dieser politischen Zwangsregulierung auf.

Allen, ob Verbraucher, Umwelt, Klima, Landwirt und erst recht der Pflanze, wäre geholfen, wenn die Politik umsteuert: Eine Begrenzung der Düngung sollte nur nach dem Verursacherprinzip erfolgen. „Landwirtinnen und Landwirte in roten Gebieten dürfen nicht in Sippenhaft genommen werden, weil irgendwo in der Nähe nicht nach guter fachlicher Praxis gearbeitet wurde“, fordert Thorsten Riggert die Landesregierung auf, die staatlich verordnete Mangelernährung der Pflanzen zu beenden. Das sieht auch Landvolkpräsident Holger Hennies so: „Niedersachsens Landwirtinnen und Landwirte haben ihre Hausaufgaben längst gemacht und die Stickstoffemissionen nachweislich deutlich reduziert. Wir fordern seit langem eine Flexibilisierung des völlig überzogenen und starren Korsetts in den roten Gebieten für besonders gewässerschonend wirtschaftende Betriebe zu schaffen.“  (LPD 59/2024)

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Silke Breustedt-Muschalla

Redakteurin

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