„Junge Menschen auf ihren Lebensweg vorbereiten“

„Junge Menschen auf ihren Lebensweg vorbereiten“

Ausbildungsportrait „Werker in der Landwirtschaft“

L P D – Melken, Kälber füttern oder Eier sortieren und dann raus aufs Feld – so sieht ein typischer Tag von Jörn Grensemann aus, wenn er an drei Tagen in der Woche auf dem Bioland-Hof von Benjamin-Vincent Müller in Südbrookmerland arbeitet. Die anderen beiden Tage verbringt er in der Berufsschule. „In der Landwirtschaft gibt es aufgrund der Vielzahl von Aufgaben Arbeitsbereiche für fast jeden Menschen“, lautet Müllers Erfahrung. Den Ausbilder begeistert vor allem die große Motivation der Auszubildenden zum Werker oder zur Werkerin in der Landwirtschaft.

„Ich arbeite gerne in der Natur und mit Tieren. Außerdem muss ich immer in Bewegung sein, das habe ich von meinem Opa geerbt“, sagt Grensemann schmunzelnd. Das komme auf einem Bauernhof gut an, freut er sich über die Anerkennung seiner Arbeit. Der junge Mann schätzt besonders die Abwechslung auf dem Hof. „Im Sommer draußen auf dem Feld, im Winter eher im Stall – kein Tag ist wie der andere“, nennt er einen großen Pluspunkt seiner Ausbildung. Die Arbeit mit Kühen und Bullen begeistert ihn genauso wie das Trecker fahren und die großen Maschinen in der Landwirtschaft.

Die Agentur für Arbeit ist in Ostfriesland zwar der erste Ansprechpartner für die theoriereduzierte Ausbildung der Werker in der Landwirtschaft, sie überträgt die außerbetriebliche Ausbildung der Schulabgänger jedoch an die örtliche Volkshochschule, die den praktischen Teil der Ausbildung an die Landwirte weitergibt. Derzeit nehmen in der Region 25 Auszubildende dieses Angebot war. Regional ist die Ausbildung zum Werker in der Landwirtschaft jedoch sehr unterschiedlich organisiert, schreibt der Landvolk-Pressedienst.

„Grundsätzlich können Schulabgänger, die die Anforderungen im Ausbildungsberuf Landwirt/in aufgrund eines Handicaps voraussichtlich nicht erfüllen werden, eine Ausbildung als Werker in der Landwirtschaft absolvieren“, sagt Hajo de Vries von der Kreisvolkshochschule Norden. Vor Ausbildungsbeginn sind Art und Schwere der Behinderung durch eine der regionalen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit festzustellen. „Vielen gefällt die Arbeit auf einem Bauernhof so gut, dass sie die zweijährige Vollausbildung als nächste Etappe mit unserer Unterstützung noch aufsatteln – so wie Jörn Grensemann“, sagt de Vries. „Sie schaffen die Vorausbildung im Nachgang der ersten Ausbildung als Werker, weil sie insgesamt mehr Zeit dafür bekommen“. Eine Sozialpädagogin und eine Lehrkraft begleiteten die Auszubildenden dann zusätzlich zum Berufsschulunterricht mit Stütz- und Förderunterricht.

„Die Inhalte ähneln der Ausbildung zum Landwirt, sie sind aber mehr auf die Praxis ausgerichtet“, bestätigt Müller, der zusätzlich zu seinem Studium „ökologische Agrarwissenschaften“ und der Ausbildereignung eine sonderpädagogische Weiterbildung absolviert hat. Die Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation (ReZA) umfasst 80 Stunden und ist Voraussetzung für die Ausbildung von Werkern. Mit den zukünftigen Werkern in der Landwirtschaft setzt Müller sich regelmäßig zusammen, um sich zur Theorie auszutauschen und diese mit der erlernten Praxis zu verknüpfen. Zudem profitieren alle vier Auszubildenden von dem Austausch und der engen Zusammenarbeit untereinander.

Müller empfiehlt Grensemann nach drei Jahren auf seinem Hof, den Betrieb für die Ausbildung zum Landwirt zu wechseln. „Da sieht er auch nochmal was anderes und lernt verschiedene Perspektiven der Arbeit eines landwirtschaftlichen Betriebes kennen“, sagt Müller. Bei allem Aufwand sieht der Ausbilder auch Vorteile für sich und seinen Hof: „Wir reflektieren und hinterfragen viel mehr, wie wir im Betrieb arbeiten und lernen täglich dazu“. Junge Menschen auf ihren Lebensweg vorzubereiten, sei seine größte Motivation als Ausbilder.

Über die Jahre ist die Ausbildung kontinuierlich immer beliebter geworden: 2023 waren laut Landwirtschaftskammer Niedersachsen 88 Auszubildende zum Werker in der Landwirtschaft auf niedersächsischen Höfen beschäftigt, 2015 waren es 67. Weitere Informationen zu den zwölf grünen Berufen in Niedersachsen und freie Ausbildungsplätze sind unter www.talente-gesucht.de oder www.krassgruen.de abrufbar. (LPD 48/2024)

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Redakteurin

Wiebke Molsen

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